Ich grüße herzlich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die heute nach Gelsenkirchen gekommen sind, um sich über die 3. Weltfrauenkonferenz in Tunis 2022 auszutauschen. Gerade in dieser Zeit multipler Krisen ist es wichtig, sich international zu vernetzen und auszutauschen, von anderen zu lernen und Unterstützung anzubieten. Und gerade Frauen wissen um den Wert internationaler Solidarität, die wir anlässlich des 8. März ganz besonders in den Mittelpunkt stellen.
Der Angriffskrieg in der Ukraine vernichtet unzählige Menschenleben. Soldat*innen und Zivilbevölkerung leiden unter Waffengewalt und Kriegsfolgen. Dabei sehen wir: Krieg betrifft Frauen anders als Männer. Frauen und Mädchen sind stärker von geschlechtsspezifischer und sexualisierter Gewalt betroffen. Sie spüren die Folgen für die Versorgung der Zivilbevölkerung stärker. Sie kämpfen unter Aufbietung all ihrer Kräfte für ihr eigenes und das Überleben ihrer Kinder. Deswegen müssen Hilfe und Unterstützung in kriegerischen Auseinandersetzungen auch die besondere Betroffenheit von Frauen und geschlechtsspezifische Formen der Gewalt berücksichtigen. Gerade in dieser Zeit braucht es starke Frauen, die sich für Menschenrechte und Frieden auf der ganzen Welt einsetzen.
Als Gewerkschafterinnen sprechen wir ihnen unsere volle Solidarität aus. Und wir machen uns stark für ein friedvolles Zusammenleben in einer Welt, in der das Völkerrecht geachtet, die Menschenrechte eingehalten und die Rechte der Frauen vorangetrieben werden.
Unsere Solidarität gilt auch den Frauen im Iran, deren Kampf wir immer wieder sichtbar machen. Damit zeigen wir, dass wir geschlossen hinter den mutigen Frauen und Männern im Iran stehen, die tagtäglich auf den Straßen für Demokratie und Gleichberechtigung demonstrieren und ihr Leben riskieren. Ihr Kampf ist unser Kampf und der Kampf aller Frauen und Gewerkschafter*innen dieser Welt für Würde und Selbstbestimmung.
Wie Frauenrechte mit Füßen getreten werden, zeigt auch die Situation der Frauen in Afghanistan. Fast täglich künden neue Nachrichten davon, dass Frauen entrechtet und vom öffentlichen Leben ferngehalten werden. Dabei nimmt die Frauenfeindlichkeit der Taliban immer absurdere Formen an. Selbst weibliche Schaufensterpuppen dürfen kein Gesicht mehr zeigen. Sie werden mit Alufolie un-kenntlich gemacht, ihre Köpfe unter Müllsäcken versteckt.Frauen müssen sich verhüllen, dürfen in der Regel nur mit einem männlichen Vormund reisen – und in einigen Regionen nur noch an der Seite eines Mannes und nur an bestimmten Tagen überhaupt das Haus verlassen. Schon vor geraumer Zeit haben die Taliban Mädchen ab der sechsten Klasse aus den Schulen verbannt und Frauen das Studium verboten. Inzwischen sind viele Berufe für Frauen nicht mehr zugänglich und etliche NGO ́s und internationale Organisationen beschäftigen in Afghanistan keine Frauen mehr.
Weil männliche Ärzte Frauen nicht mehr behandeln dürfen, ist ihre medizinische Versorgung kaum gewährleistet. In Teilen Afghanistans verbieten die Taliban Verhütungsmittel. Angesichts von Hunger, Armut und Entrechtung kann das für Frauen und ihre Kinder den Tod bedeuten. Auch den Taliban muss dieser Zusammenhang bewusst sein. Das Leben von Frauen ist für sie schlicht zweitrangig. Das ist unfassbar grausam. Umso wichtiger ist auch hier unsere Solidarität!
Die Frauen im DGB solidarisieren sich mit den Frauen in Afghanistan, im Iran, in der Ukraine und mit Frauen weltweit und setzen sich aktiv für den Schutz ihrer Rechte ein. Denn Frauenrechte sind Men-schenrechte!
Aber auch in Deutschland machen wir sexualisierte Belästigung und Gewalt an Frauen als Gewerkschafterinnen zum Thema: Ein wichtiger Meilenstein ist für uns der neue Arbeitsstandard des ILO-Übereinkommens gegen sexuelle Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz. Mit dem ILO-Übereinkommen 190 und der Empfehlung 206 liegt erstmalig eine internationale Konvention vor, die klare Richtlinien für die Arbeitswelt im Kampf gegen Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz schafft und dabei die Geschlechterperspektive fokussiert. Zwanzig Länder haben dieses Übereinkommen bereits unterzeichnet. Mit dem Start des Ratifizierungsprozesses kurz vor Weihnachten hat auch Deutschland endlich dieses wichtige Zeichen gesetzt für gute Arbeitsbedingungen und Geschlechtergerechtigkeit weltweit.
Liebe Frauen, liebe Feminist*innen, uns alle eint der Einsatz für Menschenrechte weltweit und der Kampf gegen sexualisierte Gewalt an Frauen. Als Frauen im DGB schicken wir euch unsere solidari-
schen Grüße.
Elke Hannack
Stellvertretende Vorsitzende des DGB